
Steingaren – Virenalarm im Steingärtli!
Ein K-Prim-Virus hatte mich befallen – und mit ihm eine höchst ungewöhnliche Symptomatik. Einerseits war ich für einen Moment keine Sekunde davon entfernt, aus dem Fenster zu springen, direkt in den Fluss, um mich unter Wasser einfach davon treiben zu lassen. Andererseits löste es eine intensive Post-Examina-Krise in mir aus.
Ätiologie? Leider unbekannt! (Nur als kleine Randnotiz: Dieser Fragetypus wurde 1997 von einem Hr. Krebs eingeführt.)
Doch zurück zum Anfang... Alles begann mit einer Woche Urlaub! Weisst du, das sind diese kostbaren Tage im Jahr, an denen man endlich zur Ruhe kommt – lange ausschläft, Vino geniesst, gutes Essen schätzt, die Natur in all ihrer Pracht erlebt, Städte erkundet, Zeit mit seinen Liebsten verbringt – seinen Gefühlen nachspürt und den eigenen Bedürfnissen Raum gibt. Immer mit dabei, diese einen Sehnsucht, die man tief in sich trägt, egal ob man auf einer Klippe den Horizont bestaunt oder auf einem belebten Marktplatz von all den Farben, Formen und Düften umgeben ist.
So schön, nicht wahr? Siehst du dich auch gerade auf einer Klippe stehend, den Sonnenuntergang bewundernd? Oder spazierst du gerade an deinem Traumstrand entlang, den warmen Sand unter den Füssen spürend?
«He, he - ds Föteli de nid vergässe!»
Nun gut, genug davon! Ich muss dich leider bitten, deine Sehnsucht wieder einzupacken. Und zwar so, dass sie für die nächsten Wochen gut verstaut bleibt, sicher verstaut weisst du, damit sie auf keinen Fall an die Oberfläche drängt. Frühestens vielleicht beim nächsten Urlaub, wenn überhaupt...
Irgendwie scheinen diese Toxine des K-Prim-Virus mir mehr zu zu setzen als gedacht, ich bin nicht mehr Herr meiner Sinne und von all denn Buchstaben hier auch nicht mehr– mein Kopf ist heiss, er fühlt sich fiebrig an.
«Upsela – vielläch hani ja ou chli ds viel Vino uf der Klippe verwütscht!»
Während ich also gerade auf der suche nach einem fiebersenkenden* Mittel bin oder versuche, denn Kater zu zähme, damit das hier nicht noch in einem endgültigen und völligen Desaster endet, hast du jetzt die letzte Gelegenheit, deine Sehnsucht gut zu bündeln und sie wieder sicher zu verstauen.
Nun, ich hoffe du bist soweit?
In meinem Zustand spaziere ich also über einen Waldboden, der von unzähligen bunten Herbstblättern übersät ist… Ein Schritt folgt auf denn anderen – wie schon seit fast vier Jahren. Immer hier, verstehst du? Da - tief aus meinem Herzen heraus. Immer meinem Herzen folgend, Hand in Hand mit meiner Sehnsucht!
Dieses "Hier" kannst du genauso im übertragenen Sinn verstehen. Der grösste Luxus, das grösste Privileg, das grösste Geschenk ist es doch, dieser Sehnsucht Raum, Weite und Aufmerksamkeit zu schenken und aus vollen Herzen heraus zu leben.
Und so stehe ich nicht auf irgendeiner Klippe, nicht an irgendeinem Traumstrand – sondern im Herbstwald, in der Nähe meines Zuhauses Hand in Hand mit meiner Sehnsucht...
Eingekuschelt mit Büchern im Bett, tief in Lerninhalte versunken, freudestrahlend an Pflanzenwebinaren teilnehmend. Langen Spaziergänge, die frische Herbstluft einatmend, meinen Impulsen folgend und über das Leben sinnierend. In der Küche tanzend, Kuchen backend und Köstlichkeiten zaubernd – stets begleitet von der Liebe und Sehnsucht! Meinen Geist öffnend, ihm die nötige Ruhe gönnend, den Blick weitend, staunend und bereit zu empfangen.
Zuhörend, traurig, fragend, ängstlich und suchend – doch auch immer wieder Antworten findend, tief durchatmend und loslassend. Die Natur hat uns unendlich viel zu erzählen – sei es die Natur in dir oder die Welt da draussen.
So habe ich mich eine Woche lang auf das K-Prim-Virus vorbereitet! Und was soll ich sagen – es verhält sich, wie ein Virus eben agiert. Lange bleibt es unsichtbar, ein wahrer Meister der Tarnung.
Der Morgen der Prüfung – totale Entspannung in mir. Gemütlich mit dem Kaffee in der Hand, selbstverständlich! Der Ruhepuls eines Sportlers... oder vielleicht eines Zen-Meisters. Am Prüfungsort angekommen, ganz entspannt – noch immer keine Spur von Nervosität. Mein Adrenalinspiegel? Auf dem Niveau eines Faultiers.
Kurz vor Beginn bemerke ich ein leichtes ziehen und kribbeln im Bauch. Irgendwo hat sich doch noch ein Katecholamin in meinem Nebennierenmark erbarmt und ist entwichen. Die Prüfungsblätter sind ausgeteilt, und nun heisst es: Auf die Plätze, fertig, los... Und auf "Los" war es plötzlich da – das Virus, fulminant und unübersehbar, wie es sich eben präsentiert, wenn es zuschlägt.
Die ersten Verteidigungslinien in mir wurden einfach überrannt, komplett niedergestreckt. Ein leerer Blick ins Zimmer und ein ebenso leerer Blick zurück aufs Blatt Papier.
Die zweite Instanz in mir geriet in Panik: Flucht, Flucht! "Hier kannst du nicht bleiben! Geh, geh!" Wie ein aufgeregtes Erdmännchen pfeift sie all das Vertrauen in mir in Grund und Boden. Keine Erdhöhle in Sicht, also bleibt nur noch der Sprung ins Bodenlose – über Bord, einfach nur raus hier!
Auch die dritte Instanz eilte zur Hilfe. «Frau über Bord! Haaaaaaallooooooo, Frau über Bord!»
Gesichtet wird eine junge Dame (okay, ich korrigiere mich! Eine eher mittelalterliche Dame, nun ja- vielleicht war es eher eine Hexe ;-)) – sie treibt in einem Strudel aus richtigen und falschen Antworten. Unzählige Rettungsboote und Rettungsringe, sind Unterwegs. Sie eilen in Form von genialen Einfällen zu Hilfe. Uffff!
Den ersten Schock über diesen Prüfungsstart habe ich gerade noch einmal überstanden - vielleicht auch Dank meines inneren Zen- Meisters oder war es Magie?
Aber mal ehrlich, wie bitte kann man eine Prüfung mit K-Prim-Frage beginnen? (Das ist ein Frage Typ mit einer berüchtigt hohen Durchfallquote!) Quelle Diarrhoe! Quel désastre!
Nach drei Stunden legte sich der Spuk – doch etwas Sonderbares bleibt zurück. Das K-Prim-Virus hatte eine Flut von Katecholaminen ausgeschüttet, so gewaltig, dass mein System drohte, mit mir durch die Decke zu schiessen.
Vorhin noch, da sass ich tief im Erdloch, und jetzt, jetzt bin ich unterwegs zu den Sternen!
(Äs isch de ä Momänt gange, bisi wieder bi abe cho... Buechhaltig mache, das cha sooooo ungloublech beruhigend si - u bringt di wortwörtlich ufe Bode vo de Tatsache zrügg;
*In naturheilkundlichen Kreisen gilt es als wenig wünschenswert, Fieber zu unterdrücken.
In unserer modernen Zeit wird leider viel zu schnell zu chemischen Mitteln gegriffen, da Fieber oft als etwas Bedrohliches empfunden wird. Dabei ist es nichts anderes als eine kluge Verteidigungsstrategie deines Körpers. Dein Organismus steht auf deiner Seite und sein oberstes Ziel ist immer die Heilung.
Stell dir vor, du müsstest Nackt, ohne Rüstung und Waffen auf ein Schlachtfeld treten – eine leichte Beute und eine richtige Belustigung für deine Gegner. So ähnlich ist es, wenn wir das Fieber vorschnell bekämpfen: Wir nehmen unserem Körper die nötigen Mittel, um sich gegen Eindringlinge zu verteidigen.
Doch wir Menschen sind leider wahre Meistern darin geworden, der Natur ins Handwerk zu pfuschen – und das mit einer Selbstverständlichkeit, die mich immer wieder sprachlos staunen lässt. Anstatt auf die Weisheit unseres Körpers zu vertrauen, greifen wir oft unüberlegt ein und glauben, es besser zu wissen. Dabei übersehen wir leicht, dass der Organismus in vielen Fällen genau weiss, was er tut, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Diese Selbstverständlichkeit begegnet uns tatsächlich tagtäglich in vielen Bereichen unseres Lebens – nicht nur in unserem Körper oder in der Natur. Aber das ist ein Thema, bei dem ich lieber hier und heute kein Fass aufmachen möchte, denn die Diskussion könnte schnell höchst unangenehm werden! Es zeigt jedoch, wie tief unser Eingreifen in die natürlichen Abläufe ist, oft ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen....