Mis Frühligsgärtli – Plange
Plange - äs Wort wo mi i de letschte Wuchene u Mönet sicher ganz oft und hüfig begleitet het.
Und drum übrchunnts itz hie si gross und wohlverdient Uftritt!
Taaadaaaa!!!!
Und nun kommt hier meine älteste Patientin ins Spiel.
Sie musst du unbedingt kennenlernen!
Denn sie ist nicht ganz unschuldig daran, dass ich mich mit diesem einen Wort etwas näher auseinandergesetzt habe.
(Eigentlich müsste es hineingesetzt heissen – aber das hier hier nur so am Rande. ;-))
Sie hat mir also diesen Floh, dieses eine Wort ins Ohr gesetzt. Und seither geht er einfach nicht mehr raus.
Als sie zu Beginn des neuen Jahres zu mir in die Therapie kam, sagte sie:
Ha so fest müesse plange – u itze hani ändlech dörfe zudir cho.
Sie erklärte mir, wie wertvoll ihr diese Stunde mit mir sei. Sie freue sich jedes Mal so sehr darauf und könne es jeweils kaum erwarten,
chli mit mir cho ds torfe. Einen kleinen Einwurf an dieser Stelle: Mir geht es übrigens ganz genauso!
Für mich ist das alles andere als selbstverständlich - Zeit zu teilen mit einem Menschen, der so reich an Lebenszeit ist. Und genau diese Wertschätzung - dieser Respekt, den sie mir bei jedem Besuch entgegenbringt - gab mir innerlich auch den Anstoss, diesem plangen meine Aufmerksamkeit zu schenken.
Ja, aber was bedeutet nun das Wort „Plangen“?
Nach was plangisch de – he?
Chum verzell:
Nun, so vieles ist und war meine Antwort auf genau diese Frage.
Plangen ist ein typischer schweizer- nein, berndeutscher Ausdruck. Es setzt sich zusammen aus den Wörtern
sich-lang-machen
Sich also nach etwas oder jemanden ausstrecken.
Sich sehnen...
Nach Nähe. Nach Verbundenheit.
Nach Liebe. Nach Ankommen. Nach Heimat.
Nach Ruhe. Nach Freiheit. Nach Abschluss.
Nach Bestätigung. Nach Gewissheit...Nach Frühling und Frühlingsgefühlen...
Du siehst - man kann nach so vielem plangen.
Und ich bin mir sicher: Die Liste meiner Aufzählungen ist hier längst noch nicht abgeschlossen. Ich plangte definitiv nach diesem Frühling, nach Frühlingsgefühlen und dieser Unbeschwertheit, dem kribbeln unter den Füssen und ebenso im Bauch. Nach den ersten wärmenden Sonnenstrahlen, dem Gesang, dem fröhlichen gezwitschert der Vögel - und natürlich dem unvergeichlichen Frühlingsduft der Natur - eben nach dieser Leichtigkeit, und dem "verliebt sein" in das Leben!
Und so bin nun also in meinem Frühlingsgärtli angekommen. Denn derna hani ja ou so fest planget!
Du denkst jetzt vielleicht:
Was, Frühling??? Hat die einen Knall!!!
Wir haben doch inzwischen sommerliche Temperaturen – um genau zu sein: über 30 Grad!
Ja, i ha ou gschwitzt – bi über 35 Grad i mine Summerferie, das isch mir auso nid entgange!
Aber was, bitteschön, hat diese Erzählung dann noch mit Frühling zu tun?
In meiner Zeitrechnung: eine ganze Menge!
Das Steingärtli liegt nun etwas weiter zurück - diese Frühlingsgefühle breiten sich nun langsam aus
und der eine oder andere fruchtbare Samen, durfte inzwischen auch auf nahrhaftem Boden landen.
Und was braucht es, damit so ein Samen gedeihen und spriessen kann?
Genau: Nicht nur gelockerte, frische Erde in Form von Geduld, Zeit und Ruhe
Es braucht auch Leichtigkeit.
Es braucht Zuversicht und Leichtigkeit in Form von Sonnenstrahlen - wärmende Sonnenstrahlen, die mein kleines Gärtli in eine blühende Oase verwandeln.
Aber - ich musste plangen!
Aiii, wie hani müesse plange, für ändlech das erste Pflänzli, dä erste fiine Triibe hie i mim Gärtli dörfe ds gseh und härzlech Wiukomme ds heisse.
Länger als gedacht habe ich gekämpft. Das kann ich dir sagen
Die ersehnte Erlösung von all den Strapazen kam nicht wie erhofft, mit dem Ende der Prüfungsphase.
Da war zuerst keine Erleichterung. Keine grosse Freude.
Denn es kamen wieder Steine ins rollen.
Steine, von denen ich dachte: Die habe ich doch längst aus dem Weg geräumt.
Tja. Denkste! Es waren Steine die ich doch zuvor mit größter Überzeugung bereits geordnet, bearbeitet und symbolisch im Steingärtli verabschiedet hatte....sie waren aber wieder zurück und präsenter als je zu vor.
So funktionierte in dieser Zeit nur Ruhe. Ruhe und Zeit. Zeit, um endlich wieder bei mir anzukommen.
In meinem Raum.
Dem einen Raum, der nur mir gehört.
Nach genau diesem Ort hatte ich mich ebenso so lange gesehnt -
i ha planget uf dä Momänt.
Und erst, als ich es zulassen konnte
die Ruhe,
die Stille,
da passierte es.
Ganz leise…
schlich sich der Frühling durch eine Tür,
Eine Tür die ich weder kannte,
noch jemals zuvor gesehen hatte.
Eine Tür,
durch die plötzlich Leichtigkeit in mein Leben trat -
eine Leichtigkeit,
von der ich geglaubt habe,
ihr nie wieder zu begegnen.
Ganz still,
ganz fein,
so herrlich unaufgeregt –
stand sie einfach da.
Dieses zarte Pflänzchen der Lebensfreude.
Unaufdringlich und lebendig. Zart und ganz echt.
